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Rezension: Leonard Bernstein- Kein Tag ohne Musik

Dieses wundervolle Buch hat der Autor Jonathan Cott auf den Weg gebracht. Er war lange  Jahre  hindurch Redakteur des „Rolling Stone“ und schrieb u.a. für die "New York Times".

Man hat Gelegenheit  das viele Seiten umfassende Interview, das er am  20. November 1989 mit  der weltberühmten Persönlichkeit Leonard Bernstein (1918- 1990)  über viele Stunden hinweg realisierte, hier nachzulesen.

Bernstein war Dirigent, Komponist, Pianist, Autor, Musikpädagoge und Menschenrechtsaktivist. Cott schreibt in seinem Präludium, dass der Musiker ein Leben von Byron´scher Intensität führte, das leidenschaftlich, polyamourös, riskant, jenseits aller Konventionen, unaufhörlich produktiv und in jeder Beziehung eindrucksvoll gewesen sei. Bernstein soll von Anfang an so extravagant  und dabei mit einer geradezu rauschhaften Begeisterung dirigiert haben, dass ihm seine Kritiker Exhibitionismus und Gefühlsseligkeit vorwarfen. Sympathisch an ihm  war einfach alles, auch seine klare Entschiedenheit auf keinen Fall seine emotionalen, intellektuellen, politischen, erotischen und spirituellen  Regungen von der musikalischen Erfahrung zu trennen, (vgl.: S.16).

Wie in dem Interview deutlich wird, war  Leonard Bernstein weder arrogant noch herablassend. Er kehrte,  wie Cott anmerkt, niemals den elitären Künstler heraus. Stattdessen war er von entwaffnender Offenheit, sehr humorvoll und sprach sich furchtlos gegen jegliche Art  von politischer und sozialer Heuchelei aus, (vgl.:S 18)

Der Autor berichtet im Vorfeld, wann sein Interesse an Leonard Bernstein geweckt wurde. Ich habe mir zunächst die 15 Fotos von Bernstein, die im Buch eingebunden sind, näher angesehen.  Das erste  stammt aus dem Jahre 1947, das letzte  aus dem Jahre 1988. Welch` ein Mann.  Offenheit, Güte und Weltläufigkeit pur. Alle, die Bernstein kennen lernen durften, müssen begeistert von ihm und seiner Aura gewesen sein.

Ich kann an dieser Stelle  nicht auf alle Facetten des Interviews eingehen. Kurzum Bernstein hatte Cott zum Dinner eingeladen und plauderte mit ihm über Musik und über Gott und die Welt. Musiker wie Mahler und Dichter wie Rilke sind ein Thema, aber auch  die Psychoanalyse und mit ihr deren Vater  Freud kommen zu Sprache. An irgendeiner Stelle  des Gesprächs sagt Bernstein, dass jeder, der, anders als die Menschen seiner Generation, die Möglichkeit  der Zerstörung des Planeten von einem Augenblick zum nächsten für einen Selbstverständlichkeit hält und damit aufgewachsen ist, umso intensiver angezogen wird von der Aussicht auf sofortige Befriedung seiner Bedürfnisse, (vgl.: S.59). Für ihn war klar, dass wir zurückkehren müssen, zu Vertrauen und  Hoffnung und Glauben, weil man nur so  auch Zukunft denken kann.

Bernstein  hat sich stets seine kindlichen Facetten bewahrt, wie deutlich wird, und er berichtet von Vorlesungen, die er 1973 an der Harvard Universität hielt, wo er  darüber sprach, dass alle Kinder mit sprachlicher und musikalischer Kompetenz auf die Welt gekommen sind. Die Musik ist dabei für ihn ein  nicht geringer Teil der Kommunikation. Er  hebt hervor, dass jedes Kind mit einem Sinn für Rhythmus begabt ist und über die Fähigkeit verfügt, sich auf die Obertonreihe einzustimmen, (vgl.: S. 68).

An anderer Stelle sagt er, dass das Zusammensein mit jungen Leuten ihn lebendig gehalten habe und er versichert glaubhaft, dass er für diese Menschen wahrlich alles tun würde, (vgl.:S.71). Man glaubt es ihm sofort.

Der Menschenrechtsaktivist spricht natürlich auch über Politik und lässt nicht unerwähnt, dass er die größten Staatsmänner Europas kennengelernt habe.  Leonard Bernstein war ein bekennender Liberaler und zwar einer, der an die Menschen glaubte und nicht an irgendein abstraktes Ding, (vgl. :S. 78).

Man erfährt Einiges über seine musikalischen Vorlieben und er rezitiert  ein Sonett von John Keats (wie Cott anmerkt) an diesem Abend auswendig.  In diesem Zusammenhang philosophiert der große Musiker über den rhythmischen Puls, der auch für die große Musik  ein zentrales Merkmal darstellt.

Bernstein plaudert über Proust und über Mozart, auch zur Minimal Music äußert es sich und er sagt mit Nachdruck: "Worauf es ankommt, dass es kein Gesetz  gegen irgendeine Art von Musik geben sollte."

Diese liberale Grundhaltung, nicht nur im Hinblick auf Musik, zeichnete diesen Ausnahmemenschen aus, der es schaffte, den Menschen sofort ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, weil jeder spürte, dass er seinen Mitmenschen, den Freiraum zubilligte, den er  auch für sich als angemessen erachtete.

Ein Buch, das ich sehr gerne weiterempfehle.

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